Fuerteventura Regen in Hamburg, 6 Grad. Es ist Februar. Auf in die Sonne nach Fuerteventura. Knapp 3400 Kilometer Flugstrecke liegen vor uns. Der Airbus hebt ab. Schlieren von Regen wandern über die Scheibe. Schnell sind wir über den Wolken. Das Wetter bessert sich unten. Der Rhein glitzert im Sonnenschein. Schon bald rückt das Bordpersonal mit Würstchen an. Über Frankreich, die Pyrenäen, Spanien geht es bei Faro / Portugal hinaus auf den Atlantik. In der Ferne erahnt man die Küste Afrikas. Erster Blickkontakt mit Lanzarote und dann unserem kanarischen Ziel: Die Insel Fuerteventura ist ein karges Eiland im Osten der Kanaren, nur rund 100 Kilometer von Marokko und Afrika entfernt. Von oben sieht es goldgelb mit ein paar Rottönen aus. Nach dem Überfliegen einiger Häuserkolonien landen wir sanft auf dem Aeropuerto bei Puerto Rosario, in der Fliegersprache FUE. Es ist gegen 17 Uhr und bei mäßigem Wind sonnig und 23 Grad warm. Eine Bustour von rund einer Stunde bringt uns zu unserer 67 Kilometer entfernt gelegenen Hotelanlage Monica Beach Club in Costa Calma. Sie besteht aus vielen weiß getünchten Einzelbungalows. Die sind in spärlichem, typisch spanischen Stil eingerichtet. Erster Blick vom Balkon aus auf den weiten Sandstrand. Eine wogende Palmenreihe zwischen Hotelanlage und Strand schützt vor den frischen Meerwinden. Zur Anlage gehört eine Africa-Bar, und als Allinclusive-Touris haben wir Anspruch auf einen ersten Cuba Libre samt Espresso. Der Barkeeper gibt mächtig an, Hispanomacho. Der Ort Costa Calma liegt mitten in einer Sandwüste. Man merkt es kaum, mit viel Wasser wurde entlang der Hauptstraße ein breiter Dattelpalmenhain angelegt. In einem großen Shoppingbereich finden Touristen alles, und wir ein kleines Mietauto samt Dellen. "Ist total normal", stellt der Vermieter fest. Na gut, wenigstens die Handbremse funktioniert. Oberhalb des Ortes wird aus Windkraft die nötige elektrische Energie für Ort und Hotels gewonnen. Dutzende Windräder stehen in mehreren Reihen, ein leichtes Sausen dringt ans Ohr. Unser erster Ausflug am nächsten Tag führt über sehr gut ausgebaute Straßen in die Hauptstadt Puerto del Rosario. Neben der Kirche im Kolonialstil befindet sich das Cabildo Insular, der zentrale Inselrat aller kanarischen Inseln. Die Straßen der Hauptstadt tragen Namen berühmter Admirale und Könige. Den wilden Ziegen auf Fuerteventura ist so manches Monument gesetzt, ursprünglich heißt die Hafenstadt Puerto de Cabras, Hafen der Ziegen. Mit dem Fahrstil der Spanier kann ich mich sofort anfreunden. Es scheint ein totales Chaos, aber tatsächlich nimmt jeder mehr Rücksicht auf den anderen, als in Deutschland. Wir begeben uns abseits der Touristenstrecken auf Geröllpiste. Hier fällt ein afrikanischer Wüstenstrauch besonders ins Auge, Calotropis procera, der Hahnenbaum. So genannt, weil seine Blätter hahnenkammartig aussehen. Das Geröll, durch das wir uns an Gehöften und Landhäusern vorbei bewegen, ist vulkanischen Ursprungs. Als Autofahrer braucht man gute Nerven, um Steigungen und Furchen zu überwinden. An den Fincas lauern blitzschnell hervorspringende Hunde... Also wieder zurück auf die gut ausgebaute Straße FV-617, hinauf ins Gebirge zwischen Fayagua und Pájara. Die Berge sind hier bis zu 600 Meter hoch. Auf der Hochebene Llanos de la Conception bei Tefia sehen wir zum ersten Mal eine der typischen alten Windmühlen der Insel. Ein weiß gemalter Rundbau, braune Feldsteine schauen aus dem Putz, eine holprige Steintreppe zur großen Eingangstür. Oben ein Spitzdach, aus dem ein stabiler Balken für die Ausrichtung des sechsflügligen dunkelbraunen Windrades bis zum Boden reicht. Wir erreichen den Ort Playa de los Molinos, wo es eine dieser einfachen Strandbars gibt, die originale Landesgerichte zu untouristischen Preisen bieten. Mojo, scharfe Knoblauchsoße, rot oder grün gehört dazu, ebenso wie ungeschält gegarte kleine Kartoffeln. Und natürlich gibt es hier Mitfresser, die nur darauf warten, dass etwas den Mund nicht erreicht: Mehrere dürre Katzen umstreicheln die Touristenbeine. Sie schauen jämmerlich drein, da wirft man ihnen doch gleich den halben Fisch hin! Es ist ein kleiner Fischerort, in dem einem religiöse Objekte an jeder Ecke begegnen, Kreuze, Madonnenbilder. Kleine weiße kastenförmige Häuschen, höchstens zweistöckig. Kettenvorhänge verhindern den Einflug von Insekten. Jetzt, zur Siestazeit ist niemand zu sehen, nicht einmal Hunde. In der Nähe liegt Ajui, ein Küstenort mit Großparkplatz, dunklem Steinstrand und mehreren Restaurants. Da gibt es ganz brave Hunde vor fast jeder Haustür. Wir entscheiden uns für die von Einheimischen meist besuchte Bar und beobachten erstaunt, welches besondere entschleunigende Leben unsere Hundetiere entfalten. Sie versammeln sich und legen sich mitten auf den Platz. Die Touristenautos sind lahmgelegt. Wir steigen auf eine Felszunge nahe des Ortes. Von hier hat man einen Blick auf Ort und Strand. Imposant sind weiße Wellen auf schwarzem Lavastrand. Weiter geht unsere Tour am nächsten Tag. Von einer Serpentinenstrecke aus sehen wir hoch oben ein Gebäude und fragen uns, wie man da bauen kann. Wir entdecken unterdessen eine breite Straße, die hinauf führt zu diesem Restaurant und Aussichtspunkt Mirador Morro Velosa bei Betancuria. Es ist wohl der am meisten fotografierte Ausblick über die kahle Bergwelt bis hin zum blauen Ozean.
Der Ort Betancuria selbst ist einer der schönsten auf Fuerteventura. Ein beeindruckender Kirchenbau, kleine alte Wohnhäuser, Bars, und ein schön eingerichtetes Finca-Restaurant. An der Bergstraße FV-30 gibt es einen Aussichtspunkt oberhalb der einstigen Klostereinsiedelei Nuestra Señora de la Peña. Hier erwartet uns das besondere Schauspiel von ardilla listadas, Streifenhörnchen. Die krabbeln den belustigten Touris zwischen den Beinen herum, freilich nicht, ohne durch ein paar Leckerbissen angelockt zu sein. Man hat hier einen Blick auf den einzigen Stausee, der aber versandet ist. An der gleichen Straße liegt zwischen Betancuria und Pajara der kleine Ort Vega del Rio Palmas mit hübschem Dorfplatz und Kirche. Auch hier finden wir eine alte Inselmühle. Ganz im Norden liegt die Hafenstadt Corralejo. Da verbindet eine Schnellfähre die Insel mit der Nachbarinsel Lanzarote, deren Südende rund 13 Kilometer entfernt ist. Man kann die Insel im Dunst erkennen. Der Name der Fähre "Volcan de Tindaya" erinnert daran, dass die Inseln durch Vulkanaktivitäten entstanden sind. Es ist interessant, eine Weile lang das Treiben von der Bar des Schiffslandeplatzes, dessen Innenraum wie ein Bahnhof aussieht, aus zu betrachten. Man verlässt Corralejo durch eine Touristenvorstadt Richtung Südosten. Hier schließt seewärts die einzige Vorinsel Isla de los Lobos und landseitig die riesige Sandwüstenregion Dunas de Corralejo an, beide bilden ein Naturschutzgebiet. Da taucht unvermittelt der Hotelkomplex Riu Palace / Oliva Beach auf, zwei Bettenburgen mitten in der Einöde. Und bei Sturm ein besonderes Erlebnis, denn der feine weiße Sahara-Sand dringt überall hin. Vorbei an einem erloschenen kleineren Vulkanberg und weiter durch mehr als 10 Kilometer Wüste gelangt man von der FV-1 auf eine Nebenstrecke abbiegend zu dem Fischerort El Jablito in Nähe des Touristenortes Parque Holandes. Bunte Boote liegen in der weiten Bucht verteilt, aus ein bis zwei Bars tönt lautes Palaver, alte Jeeps stehen im dunklen Sand, darauf wartend, die Bootstrailer zu bewegen. An einem sonnigen Tag, man muss in dieser Frühjahrszeit das Wetter hinsichtlich möglicher Regengüsse oder Stürme gut abschätzen, fahren wir zum westlichen Kap der Insel. Von der Hafenstadt Morro del Jable aus gibt es in diese Region nur eine Geröllpiste. Sie führt entlang zwischen der Südküste und dem höchsten Berggrat Fuerteventuras. Und da sind sie, die Wahrzeichen. Fuerteventura ist bekannt für seine Wildziegen, und hier im Westen sieht man sie am häufigsten. Jedes Tier ist einzigartig, braun-schwarz-weiß gefleckt, und man wundert sich, dass die Tiere in dieser Geröllwüste tatsächlich etwas zu Fressen finden. Gelassen nehmen sie die Touristenkameras hin. Schließlich erreicht man den kleinen Ort Puerto de la Cruz. Er erscheint mit seiner Wohnwagen- und Wohnmobilkolonie wie ein Rest fröhlicher Hippiekultur. Ein einzelnes Windrad bringt die Stromversorgung. Es steht still. Der Leuchtturm Faro de Punta Jandia steht wogenumtost am Westkap. Von hier aus ist die Insel Gran Kanaria 85 Kilometer entfernt, knapp hinter dem Horizont. Am nördlichen Teil des Kaps steht ein kleines, solarstrombetriebenes Leuchtfeuer. Von hier aus hat man einen einzigartigen Blick auf den bis zu 750 Meter hohen Bergkamm und die Bucht von Cofete. An diesem Küstenabschnitt herrscht das raueste Wetter mit entsprechenden Wellen. Man sieht hier deutlich den vulkanischen Charakter der Insel. Schwarze Lavaklippen sind erstarrt im Meer. Vom Bergkamm aus werfen wir schließlich noch einen Blick auf die Ebene von Cofete. Hinunter zu fahren sparen wir uns aus Zeitgründen. Wir besuchen Stadt und Hafen von Morro del Jable, bei Touristen auch unter dem Namen Jandia bekannt. Der Ort hat ein Zentrum mit vielen Geschäften. Zwei Kilometer in Richtung Hauptstadt liegt in Nähe der Altstadt das touristische Zentrum mit dem Playa de Jandia. Hier reiht sich Bettenburg an Bettenburg, Bar an Bar, Shop an Shop... Der Strand hat eine weite Dünenlandschaft und ist wegen seines feinen weißen Sandes, der sich kilometerlang an der Küste dahinzieht, bei den Touristen beliebt. Für den Spezialurlauber ein idealer Fleck Erde: Aus dem Bett in die Bar in den Shop in die Bar ins Bett. Es bringt Spaß, mit den Schmuck, Uhren, Digitalkameras anbietenden marokkanischen und asiatischen Händlern zu handeln. Fangen wir mit pidgin-english an. Manche lachen da, sie sprechen nämlich ziemlich gut deutsch. Es scheint so, als hätten sie ein fixes Computernetzwerk, denn wer das Handeln übertreibt, hat sogleich auch bei den anderen Shops kein Low-Price-Glück. Nichts schlimmer, als reuig zum grinsenden ersten Händler zurückzukehren... Der Tag der Abreise ist nach zwei Wochen gekommen. Die Condor aus Hamburg ist gelandet, sie fliegt weiter nach Gran Canaria. Wir reisen zurück mit Air Berlin. Am späten Abend, mit Zwischenlandung und Umsteigen in Nürnberg, erreichen wir Hamburg. Aus der Luft ein nicht endendes Lichtermeer, dazwischen erahnt man den Elbstrom. Es ist kalt und windig. --- |
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